Sonntag, 25. Oktober 2020

Bald 60 - 29

Als ich beginne, diesen Text zu schreiben, behauptet die Smartphone Uhr es sei 9.30 Uhr, aber eigentlich ist es ja 10.30 Uhr. Das weiß ich, weil ich den Wecker noch nicht verstellt hatte.
Also weder von links nach rechts, noch seine Zeiger in irgendeine Richtung.
Einfach zur Kontrolle, weil ich mir schon dachte, dass die Orientierung am Morgen nicht so leicht für mich werden würde.

In der letzten Nacht wurde uns nämlich eine Stunde geschenkt. Ich vermute, es handelt sich um die Stunde, die neulich nachts verschwunden ist.

Ab jetzt gehen die Backofen-, Mikrowellen- und Autouhren entweder endlich wieder richtig oder die nächsten Monate um eine Stunde falsch.

Ich habe lange gebraucht, um mir merken zu können, wann man die Uhr vor, und wann man sie zurückstellt.
Seit ein paar Jahren kenne ich aber die Hilfe: im Sommer stellt man die Sonnenmöbel VOR die Laube und im Winter wieder ZURÜCK.

Für diese Sommer- und Winterzeitsache ist es ja eine gute Eselsbrücke, in der Realität mache ich das aber natürlich nicht so wie der Merkspruch suggeriert.
Mein bequemer Liegestuhl bleibt vor dem Holzhaus, also draußen. Für den Fall, dass sich die Wintersonne in unseren Garten verirrt, soll sie ruhig den Eindruck haben, sie sei willkommen und sehen, dass für ihre Nutzung alles parat steht.

Heute war ich schon früh wach und als ich auf die Uhr geguckt habe, habe ich gleich begonnen, umzurechnen. Also jedenfalls habe ich das versucht. Es ist so und so viel Uhr, aber eigentlich ja erst xy oder etwa schon yx?
Kurz nach dem Aufwachen gar nicht so einfach.

Jedes halbe Jahr schleppe ich diese Unsicherheit noch einige Zeit mit mir herum. Zum Beispiel wenn ich Hunger habe, es aber noch nicht 1 Uhr ist oder ich noch keinen Hunger habe, es aber schon 1 Uhr ist. Ich muss mich enorm konzentrieren, meinen automatischen Rhythmus der willkürlich bestimmten Zeit, anzupassen.

Irgendwann habe ich es dann und denke nicht mehr darüber nach.
Dann sind alle meine zeitlich gebundenen Rituale wieder schön und einfach hilfreich.

Wir haben nämlich zum Beispiel eine relativ feste Mittagessenzeit. Die hat den Vorteil, dass wir nicht jeden Tag darüber verhandeln müssen und im Normalfall die Körper sich mit ihrem Hungergefühl darauf einstellen.

Eine gemeinsame gemütliche Mahlzeit am Tag finde ich prima. Schon lange ist das bei uns das Mittagessen. Wenn ich das bekomme, brauche ich den Rest des Tages nicht mehr besonders viel.
Wenn ich aber nicht weiß, ob und wann es zu essen gibt, habe ich dauernd Hunger. Verrückte Sache, das.

Ich liebe Rituale. Und am liebsten wäre mir, wenn die Uhrzeit sich in keine Richtung verschieben würde, sondern einfach immer gleichbliebe.

Obwohl wahrscheinlich meine Rumrechnerei ein größeres Problem als die eigentliche Verschiebung ist. Wenn ich mich nicht mehr im Umrechnen versuche, gleicht sich der Körper einfach an.

Oder anders gesagt, wenn ich mich mehr auf die Zeit als auf die beschreibende Zahl konzentrierte, könnte wohl von Anfang an alles prima sein. Vermute ich. Also könnte.

Als ich als junge Frau in der Eckkneipe der Straße, in der ich wohnte, arbeitete, war es auch meine Aufgabe, Sonntagmorgens zum Frühschoppen zu öffnen. Zu einer bestimmten Zeit. Normalerweise kein Problem für mich.

Zuverlässig war ich eigentlich immer. Außer wenn diese Zeitumstellungssache war. Ich wusste es oft einfach nicht. Damals ohne Uhren, die sich von selbst umstellen, ohne Computer und ohne Smartphones.
Wenn ich kein Fernsehen geschaut, kein Radio gehört habe und mir nicht zufällig jemand vom bevorstehenden Ereignis erzählt hat, habe ich das einfach verpasst.
Im Falle der Winterzeit war das ja nie ein Problem. Wenn ich zu früh war, habe ich eben einfach gewartet. Schwierig wurde es im Sommer.

Im Falle der nicht rechtzeitig geöffneten Kneipe handelte es sich nämlich um die Umstellung zur Sommerzeit. Das Ding mit der gestohlenen Stunde während der Nacht.

Damals haben die Stammgäste Steinchen an mein Fenster geworfen und als das nichts half, haben sie meine Mitbewohner und mich rüde aus den schönsten Träumen geklingelt. Ich habe dann bewiesen, dass ich irre schnell sein kann, wenn es drauf ankommt. Auch eine Erfahrung.

Jetzt mache ich mal Schluss mit dem Schreiben für heute, denn eigentlich ist es ja schon viel später als die Uhr behauptet und ehe ich mich versehe habe ich Hunger. Glaube ich jedenfalls. Könnte zumindest so sein. Naja. Ich warte mal ab. Wird schon alles wieder Routine werden. Morgen dann. Oder übermorgen.




2 Kommentare:

  1. das hättte ich fast schreiben können in dieser Art und sofort missbilligendes zu hören bekommen, so nach der Art:
    "was machst du das denn so kompliziert statt einfach zu sgen was du meinst, mir ist das zu schwierig zu lesen"..lacht angel...
    ja ja...
    komplizierte nicht ganz einfache Denkweisen die aus dem üblichen Rahmen fallen sind nicht von allzugroßer Beliebtheit gekrönt und die Krönung des Ganzen:
    ich habs sofort verstanden!....
    herzlichst angelface...
    Hat sich die Uhr im Auto auch nicht umgestellt?
    meine tuts nicht, ich brauch immer eine spitze Feile um den Knopf zu bewegen. die sagt wahrscheinlich auch:
    "warum kompiliziert wenn es doch einfach geht...:-))"

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    1. *lach ... bei unserem jetzigen Auto weiß ich es gar nicht, ich fahre kaum noch damit ... Auf Mallorca musste ich ja viel fahren und da bin ich jeden Sommer mit der falschen Uhrzeit gefahren und musste umrechnen :-)))) liebe Grüße Brigitta

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