Mittwoch, 25. November 2020

Bald 60 - 45 (Fortsetzung von Nr. 42/43/44

Da war ich nun in einem kleinen Arbeitszimmer und saß einem Inder gegenüber, der etwas in der Hand hielt, das wie ein Holzscheit aussah, aber Palmblatt genannt wurde.

Es war übersät mit für mich unleserlichen Schriftzeichen.

Auf dem Schreibtisch stand ein Kassettenrekorder, mit dem er auf meine mitgebrachte Kassette speicherte, was gesprochen wurde.
Die Kassette habe ich lange aufgehoben und irgendwann in einem meiner Aufräum- und Minimierungswahns vernichtet. Das Wesentliche aber hatte ich mir eh gemerkt.

Er begann damit, mir etwas von meiner Vergangenheit zu erzählen, das zu vielen Prozent stimmte. Eltern, eine Schwester, ich die ältere. Er nannte das Jahr, in dem ich mich auf den spirituellen Weg begeben habe. Es war das Jahr, in dem ich meine Psychotherapie und daran anschließend die therapeutische Ausbildung begonnen hatte.

Er sagte, dass ich mein Geld mit dem Verkauf schöner Dinge aus Welt verdiene, meine Fähigkeiten im heilerischen Bereich lägen und ich eines Tages Bücher schreiben würde. Nun ja.

Als er mir meinen Mann beschrieb musste ich eingreifen, denn er beschrieb seinen Vorgänger. Nach meinem Veto sagte, er „ja dann ist er viele Jahre älter als du …“. Das und der Rest traf auf den Gatten zu.

Während er sagte, dass wir ein Haus kaufen würden, in dem wir ein Heilzentrum betreiben werden, stand er auf und zeigte auf einer an der Wand hängenden Weltkarte den Mittelmeerraum. Ob direkt Spanien, weiß ich nicht mehr. Aber die Gegend war es.
Dazu sagte er noch manche Details, die ich hier nicht erzählen kann, weil es Informationen von anderen Beteiligten enthält, die aber genauso eingetroffen sind und uns das Auswandern mit Haut und Haar erleichtert haben.

Er erzählte mir von verschiedenen Vorleben und den Fähigkeiten und Aufgaben, die ich aus ihnen mitgebracht hätte.
Und er sagte, dass ich frei mit 89 Jahren entscheiden würde zu gehen. Weil ich dann nichts mehr wollen und wünschen würde.

Zu diesem Zeitpunkt war ich 37 und auf meinem anschließenden Fußweg durch das Verkehrsmittelfreie Bangalore in Richtung Überlandbusbahnhof dachte ich immer nur in Schleife: „Mannomann noch mehr als 50 Jahre! Und ich habe doch schon so viel erlebt!“

Es war nicht alles richtig, was er über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft erzählte, aber vieles schon. Vieles ist genauso, wie er es gesagt hat, eingetroffen, manches (noch?) nicht.

Vielleicht ist es ähnlich zu astrologischen Beratungen im Westen. Die Daten, auf denen beides beruht, sind ja die Gleichen und die Deutung variiert von Astrologe zu Astrologe.
Die Grundfakten stimmen bei allen überein und die Feinheiten sind vielleicht persönliche Deutungsunterschiede.
Ich weiß nicht genau, was es mit diesen Palmblättern auf sich hat.

Später war ich noch einmal dort. Gleiche Adresse, anderer Leser. Während einer Reise, die ich für eine Gruppe deutscher Frauen aus anderem Anlass organisiert hatte.
Vieles was ihnen gesagt wurde stimmte, manches nicht. Manche fanden es wertvoll und manche nicht so sehr.
Dieser zweite Palmblattleser betonte immer wieder: „Ich sage nicht, du sollst das und das tun, sondern ich sage, es wird das und das passieren.“
Wer weiß, vielleicht stimmt das? Oder auch nicht. Wie bereits erwähnt, weiß ich es nicht.

Was ich aber aus Erfahrung sagen kann, ist, dass mir diese Sitzung und die Informationen, die ich dort erhalten habe, gutgetan haben und mich manches haben machen lassen, das ich mich ohne die Info nicht getraut hätte oder aus Trotz nicht hätte machen wollen. Und doch führte all das zu wertvollen Erfahrungen, die ich nicht missen möchte.

Nun hatte ich also am 4. Tag meiner dreiwöchigen Reise den einzigen fixen Programmpunkt erledigt und stand bereits am frühen Vormittag wieder mit meinen beiden Täschchen auf der Straße am anderen Ende der Welt und musste herausfinden, was als nächstes passieren sollte.

Mein Gefühl der Unsicherheit in diesem unbekannten Land hatte sich noch nicht vollends verflüchtigt und so entschied ich am Busbahnhof angekommen, den Bus nach Puttaparthi zu nehmen. Erstens war das einer der wenigen Busse, die an diesem Tag fuhren und zweitens hatte ich meinem Reiseführer entnommen, dass es dort einen Ashram gäbe.
In meiner Vorstellung war das ein geschützter kleiner, überschaubarer Ort, an dem ich mich weiter an Indien gewöhnen könnte und Zeit und Ruhe hätte, das eben gehörte zu verarbeiten.

Das jedenfalls hielt ich für die Gründe, warum ich also, wieder mit ein paar Bananen und einer Flasche Wasser im Gepäck, in den Bus nach Puttaparthi stieg.

𝘍𝘰𝘳𝘵𝘴𝘦𝘵𝘻𝘶𝘯𝘨 𝘧𝘰𝘭𝘨𝘵 𝘮𝘰𝘳𝘨𝘦𝘯



1 Kommentar:

  1. erstaunlich was aus solch einer Sitzung herauskommt und vor allem aus den ERgebnissen die er aus deiner mitgebrachten Kasette herausgezaubert und gelesen hat, selbst wenn vielleicht vieles auch auf andere Menschentypen "passt"... wie man es aus der Astrologie her kennt...

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