Indien. Mitte der Neunzehnhundertneunziger Jahre. Ich habe in einer deutschen Kleinstadt einen Modeschmuck-Geschenkartikel-Esoterik-undsoweiter-Laden. Hier bin ich um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Besinnung im Ashram und Einkauf von Ware.
Seit Tagen
bereits wissen die Händler, dass ich offensichtlich auf der Suche nach größeren
Mengen Schmuck zu günstigen Preisen bin. Dafür genügte es, in einem dieser
kleinen garagenähnlichen Lädchen erste Verhandlungen zu führen, mich für ein
paar Stücke zu entscheiden und zu erwähnen, dass ich noch ein paar Wochen im
Ort sein würde.
Sie sind
alle „Brothers“. Was einer weiß wissen in Windeseile alle.
Sie kommen
aus ihren Läden, begrüßen mich wie einen Freund, machen Diener und kramen aus
dem Vorrat internationaler Worte ein paar deutsche. Bieten mir Naschereien,
holen ihre Frauen, die mich massieren sollen, falls ich es denn wolle, zeigen
mir ihre schönsten Stücke vor der Ladentür und versprechen, alles zu besorgen,
was ich möchte.
Geschäftsleute
auf der ganzen Welt möchten Geschäfte machen. Jeder auf seine Art oder eben so,
wie er glaubt am besten zum Ziel zu kommen.
Als ich mich
endlich für einen Laden entscheide, werden die Ansprachen der anderen auf der
Straße weniger freundlich, dafür ist das, was ich dann erlebe umso
eindrücklicher.
Ich kaufe
eine ansehnliche Menge Silberschmuck, bezahle mit einem dieser Riesenbündel
zusammengehefteter Rupien und soll noch bleiben.
Sie wollen
mir on top, wie sie sagen, Goldschmuck zeigen. Schön ist er und ich bin nicht
sicher, ob er etwas für meine Kunden ist.
Hatte ich
ihnen gegenüber bereits erwähnt, dass ich am Folgetag für nur eine Woche nach
Hause fliegen würde, also bald schon wieder zurück wäre?
Sie
jedenfalls wissen es und bieten mir das Unglaubliche. „Such dir aus, was du
vielleicht verkaufen kannst.“ Ich glaube kaum, was ich höre und schaue
vermutlich ungläubig. „Was du nicht verkaufst, bringst du übernächste Woche
wieder.“
Kein Pfand.
Keine Adresse. Nichts. Einfach der Wille zu einem Geschäft, das über das
bereits gemachte hinausgeht und irgendeine Art Vertrauen. „Wir sind anders als
ihr“ fügt einer der beiden Männer hinzu. Vielleicht als Reaktion auf meinen
Blick.
Während mir
der Chef der Beiden, der offensichtlich Hindu ist, unter der Rezitation
verschiedener Mantren, ein Schmuck-Teil nach dem anderen zeigt und einpackt,
entrollt der muslimische Kollege einen Teppich und "turnt" Gebete
Richtung Mekka.
Ich bekomme
ein ansehnliches Gold- und Silberschmuckpaket und sie nur mein Versprechen in
einer Woche zu zahlen, was ich nicht zurückbringe. Sie kennen mich nicht. Sie
wissen im Grunde nichts über mich, aber sie sind sich sicher, dass „alles gut
geht“. Jedenfalls sagen sie das.
Per Fax
informiere ich den Gatten über den Deal und er informiert einige unserer
Kunden, die während meines Aufenthalts in Deutschland dann ordentlich
„zuschlagen“.
Eine Woche
später nehmen die beiden indischen Händler, ohne mit der Wimper zu zucken und
ohne den geringsten Anschein einer Erleichterung, das Geld für den verkauften
Schmuck und das Päckchen nicht verkaufte Ware in Empfang, lassen mir einen
Kaffee kommen und rezitieren, während ich ihn trinke, noch ein paar Mantren und
schicken ein Gebet auf dem Teppich zu Allah.
Ob die
„Brothers“ im Ort von diesem Deal erfuhren, kann ich nicht erkennen.
Deutsche
Worte, Naschereien und Massagen jedenfalls bieten sie mir im Vorübergehen
diesmal nicht an. Ist mir auch lieber so.
ein anderes Land - andere Sitten - ein ganz anderes vertrauen das wir
AntwortenLöschenlängst nicht mehr kennen.
ich vermute mal ganz vorsichtig dass sie dazu der Buddismus, ihre Religion und ihre bisherigen Erfahrungen in diesem verhalten dazu bringt auch einen völlig anderen fremden Menschen dies Vertrauen zu schenken.
ja ich empfinde es als Geschenk das unvergleichbar mit etwas anderem ist.
du warst ja sehr jung und damit vielleicht auch unbedarft mit solch Verhalten überhaupt ncht konfrontiert und vertraut, umso schöner wenn man dann so eine ERfahrung selbst machen kann..
in heutigen Zeit des gegenseitigen Misstrauens und Neides nicht m
kaum Heute noch vorstellbar, wahrscheinlich würde man gesteinigt werden ob solch Verhaltens!°
schöne Geschichte...
dazu kann man nur sagen...
bitte weiterkramen in deinem Archiv des Erlebten.
liebe Grüße angelface
Ja. Es ist lange her und heute vermutlich keinesfalls mehr vorstellbar. Und vielleicht war es auch damals eine große Ausnahme, wer weiß.
Löschen*Lach ... ja ich krame weiter ...
lieben Gruß
Brigitta