„Trau‘ dich, trau‘ dir und mache diese Welt bunt“.
An diesen Auftrag wurde ich heute
erinnert. Vor mehr als 30 Jahren, mitten in der Psychotherapeut:innenausbildung
sollten wir herausfinden, was wohl unsere Seelenaufgabe ist.
Wir bekamen einige Anregungen, Vorschläge
zur Vorgehensweise und jede Menge Zeit, um uns darum zu kümmern. Genaue Details
weiß ich nicht mehr, aber das Ergebnis erinnere ich wie heute.
Ich hatte diesen Satz innerlich gehört
und dann in sehr farbig auf Papier gebracht, so dass ich ihn der Ausbildungsgruppe
zeigen konnte. Deren Reaktion erinnere ich auch nicht mehr, vermute aber, dass
es die Wenigsten erstaunt hat.
Schon als Jugendliche in meiner
Heimatstadt Köln bin ich stets in selbstgebastelter farbenfroher Kleidung durch
die Gegend gelaufen. So dass ich manches Mal von der anderen Straßenseite die
abfällig vorgetragene Frage hörte: „ja, hammer denn schon Karneval?“ und ich mich
an Karnevalstagen, an denen ich zum Beispiel zur Arbeit unterwegs war, und
keinesfalls kostümiert sein durfte, vorsichtshalber in komplett schwarz
gekleidet habe, um jeder Verwechslung aus dem Weg zu gehen.
Mit etwas mehr als Mitte 20 habe ich mein
Leben in Lila getaucht. Die unterschiedlichsten Töne, aber alles Lila. Irgendwann
war meine gesamte Wohnung lila gestrichen, die Wände, die Möbel, die Türen, die
Gardinen, die Kissen, der Teppichboden, Blumentöpfe und überhaupt alles. Und
neben meinen Haaren wurde auch die Kleidung nach und nach komplett lila. Als
ich dann zu irgendeinem Geburtstag, vermutlich dem 27. oder 28. nur lila
Geschenke bekommen habe, war ich fertig mit der Farbe und habe mich wieder
breiter orientiert und mich nach und nach wieder dem gesamten Farbspektrum
zugewandt.
Als ich den
Modeschmuck-/Geschenkartikelladen in Gehrden bei Hannover eröffnen wollte, habe
ich meiner Art entsprechend große Mengen des damals modernen riesengroßen sehr
farbenfrohen und auffälligen Holzschmucks eingekauft, den Laden bunt
eingerichtet und seltsamerweise keinerlei Zweifel gehabt, dass das alles genau
das Richtige auch für diese Kleinstadt ist, in die ich kürzlich erst gezogen
war.
Ganz kurz vor der Eröffnung habe ich
mir die Leute in der Fußgängerzone mal genauer betrachtet und festgestellt,
dass der Schmuck den sie tragen nur mit der Lupe zu sehen ist. Kleine
Ohrsteckerchen, filigrane Kettchen und so. An dem Tag bekam ich dann doch kurz Bedenken, die aber am Eröffnungstag komplett
zerstreut wurden. In der Zeit der Renovierung hatte ich all das bunte Zeugs
schon in wechselnden Dekorationen im Schaufenster untergebracht und die Gehrdener
wussten also, was sie im Laden erwartete und kamen zu Hauf zu Eröffnung und es
dauerte nicht lange, bis sich der Schmuckstil vieler Ortsansässiger verändert
hatte.
Mein Marktstand auf Mallorca einige
Jahre später war auch schon weithin sichtbar. Ich glaube, es ist nicht
übertrieben zu sagen, dass auch der sehr üppig und farbenfroh aus der Menge
herausstach.
Mittlerweile bin ich selbst nicht mehr
ganz so bunt gekleidet, umgebe mich aber gerne mit vielen Farben.
Während ich schreibe denke ich, dass sich
dieses „Bunt“ im entdeckten oder vermuteten Auftrag vielleicht ja nicht nur auf
Farben bezieht.
Ich blühe auch auf, wenn viel Verschiedenes
einfach nebeneinander oder irgendwie miteinander verwoben ist. Das können
unterschiedliche Materialien, unterschiedliche Menschen, Nationalitäten,
Standpunkte oder einfach Meinungen sein.
Ich liebe Vielfalt und wenn alles
miteinander existiert und unverurteilt beieinander ist und sein darf.
Ich hab’s halt gerne vielfältig auch auf
die Gefahr hin, dass es dann manch einem „mit mir zu bunt wird“.
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